Wissensverwaltung - Knowledge Management

Jeder Mensch bringt etwas mit

Firmen suchen oft den Schlüssel zu Innovation und Effizienz, obwohl er bereits im Schloss steckt. Man muss dafür sorgen, dass vorhandenes Wissen auch die dazugehörigen Fragen findet; dass die vorhandenen Fertigkeiten mit passenden Herausforderungen zusammengebracht werden. Das geht sehr oft über die Abteilungs- und Firmengrenzen hinaus. Wer kann, will seine Fähigkeiten in der Regel nutzen und weitergeben. Das liegt an der Natur des Menschen und wird eigentlich nur durch zwei Faktoren verhindert:

Der zweite Punkt soll hier angegangen werden.

Soziales Firmen-Netzwerk für moderne Zusammenarbeit

Der oben beschriebene Ansatz impliziert die Notwendigkeit, Menschen miteinander zu vernetzen. Die Möglichkeiten hierzu reichen von einer ansprechenden Kaffeeküche bis zu ausgeklügelten informations-technischen Lösungen. Ein gutes soziales Firmen-Netzwerk kann die Ausgangslage enorm verbessern. Die Investition in die Technik sind erschwinglich. Die wahre Herausforderung liegt allerdings woanders: Prozesse müssen angepasst werden; an der Firmenkultur muss gearbeitet werden; Denk- und Arbeitsweisen müssen sich grundlegend ändern. Dies erfordert eine Strategie, die Mitarbeiter dazu bringt, die angebotene Lösung anzunehmen und gerne zu benutzen. Das englische Stichwort hierzu lautet »User Adoption«.

Die Einführung eines sozialen Firmen-Netzwerks kann enorme Kräfte durch Kommunikation und Zusammenarbeit freisetzen. Damit hat sie wesentlich mehr Potential als bisherige eher ernüchternden Ansätze, von denen ich zwei hier kurz beschreiben will.

Erfassen von Wissen: Bringt das was?

Klingt logisch: Alle schreiben auf, was sie wissen. Dann können wir das in Datenbanken und Intranets zur Verfügung stellen und jeder, der etwas wissen will, kann danach suchen und alle Informationen dazu finden.

Wenn man nach diesem Ansatz recherchiert, findet man eine ganze Menge Ansätze, die allesamt den folgenden Problemen nicht gerecht werden:

  1. Es ist aufwändig und teuer: Erfassung, Strukturierung, Indexierung, Zentralisierung, Bekanntmachung, Aktualisierung und Versionierung von Informationen beschäftigt die Fachabteilung und die IT. Und selbst, wenn alle Fragmente ein Datum und einen Autor ausweisen (Ihre tun das doch hoffentlich alle), kann man oft nur schwer sagen, ob eine Information noch relevant und aktuell ist.
  2. Suchergebnisse sind oft schwach. Selbst im wohldefinierten Prozess hängt es stark von der Disziplin der Benutzer und von der Qualität des Suchsystems ab, wie oft überhaupt Nützliches gefunden wird.
  3. Das größte Defizit der Wissenserfassung ist, dass sie sogenanntes implizites Wissen außen vor lässt. Implizites Wissen besitzt ein Mensch, ohne darüber nachzudenken. Oft sind sich Menschen gar nicht bewusst, dass sie etwas wissen oder können. Wenn das gesamte Firmenwissen ein Eisberg ist, dann stellt das implizite Wissen den Teil unter der Wasseroberfläche dar.

Firmeninterne Gelbe Seiten: Steht da alles?

Mit der Einführung des Intranets kamen auch Lösungen, bei denen man in der Belegschaft nach Expertise suchen konnte. Warum das nur sehr selten funktioniert:

  1. Die Basisinformation berught auf der Selbsteinschätzung der Mitarbeiter. Die Kombination von fehlendem Selbstvertrauen der wahren Experten und Selbstüberschätzung der Möchtegern-Experten treibt ihre Blüten.
  2. Beim Lösen von Problemen oder im kreativen Prozess entfesseln wir ein riesiges Arsenal an Wissen und Erfahrung, derer wir uns eigentlich gar nicht bewusst sind. Diese Qualifikationen hat uns das Leben als eine Art unstrukturiertes aber vielseitiges Lernprogramm beigebracht: Fast unbemerkt lernen wir (auch jenseits der Arbeit) ständig neue Dinge, die wir ganz intuitiv einsetzen, wenn sie benötigt werden. Beim Formulieren unserer Qualifikation sind wir uns gar nicht bewusst, was wir alles können und wissen.

Zusammenfassung

Das Vernetzen von Menschen bringt in Firmen und Gesellschaften die Innovationsfähigkeit und die Effizienz voran. Es erlaubt dem Einzelnen, sich einzubringen, wo seine Fähigkeiten von Nutzen sind. Ein soziales Firmennetzwerk kann das Rückgrad solcher Vernetzung sein. Dazu muss es allerdings durchdacht eingeführt werden; mit besonderem Augemerk auf Prozess, Firmenkultur und Annahme / Mitmachen. Die größte Herausforderung ist sicherlich die Veränderung in der Firmenkultur unter besonderer Unterstützung durch alle Hierarchieebenen.

© Hermann Faß, 2021